Weite Reisen – Malerei von Elke Albrecht

Malerei

Zwischen Linien und Stille

Mit Elke Albrecht ist es Artycon gelungen, eine international anerkannte Künstlerin nach Offenbach einzuladen, deren Werk seit Jahren weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Resonanz findet.

Geboren in der osterzgebirgischen Kleinstadt Glashütte – berühmt für ihre traditionsreichen Uhrenmanufakturen – wuchs Albrecht in Berlin auf und studierte an der Burg Giebichenstein in Halle sowie an der National Academy School of Fine Arts in New York Zeichnung und Malerei bei Nicki Orbach. Ihre Arbeiten sind heute in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen in Deutschland, Großbritannien, den USA, Kanada und Südkorea vertreten. Die Auszeichnung mit einem Stipendium der renommierten Pollock-Krasner Foundation würdigt nicht nur ihre künstlerische Konsequenz, sondern auch den Mut, sich immer wieder in neue, ungeklärte Bildräume vorzuwagen. Zwar malt sie nicht wie Jackson Pollock, doch versteht sie sich in einer Tradition, die den Schaffensprozess als künstlerischen Ausdruck begreift.

Bei Artycon präsentiert Albrecht eine Auswahl von Arbeiten, die sich sowohl in ihrer Technik als auch in ihrer Entstehungszeit unterscheiden. Dadurch eröffnet sich dem Betrachter ein vielschichtiges Œuvre, das sowohl Aufmerksamkeit und Offenheit fordert – ein Werk, das sich schnellen Deutungen entzieht und stattdessen Räume für Empfindung, Nachklang und Stille schafft. Ihre Malerei bewegt sich beständig zwischen Gefühl und Verstand, zwischen expressiver Geste und konzentrierter Verdichtung. Manche Arbeiten erscheinen fast eruptiv; andere sind reduziert auf das Wesentliche eine Linie oder auf Flächen, die sich gegenseitig bedingen und stützen.

Albrecht selbst spricht in einer Werkreihe von „Without Words“ – wo die Worte enden, beginnen Farben und Linien zu sprechen. Dieser Satz bietet einen Schlüssel zu ihrem Œuvre: Ihre Bilder sind Erkundungen jener Momente, in denen Sprache versagt, weil Empfindung und Wahrnehmung zu unmittelbar oder zu vielschichtig sind. Die oft zitierte Beschreibung ihrer Arbeiten als „kontrollierte Sinnlichkeit“ trifft diesen Kern – eine Haltung, die gleichermaßen Hingabe wie Beherrschung voraussetzt.

Immer wieder findet Albrecht ein sensibles Gleichgewicht zwischen Emotion und Struktur, zwischen lauter Stärke und meditativer Stille. Ihre Malerei zeichnet sich durch einen hochbewussten Umgang mit Material und Farbe aus, durch sicheres Gespür für Stofflichkeit, Textur und Form. Jedes Bild verdeutlicht, dass das Entscheidende nicht laut sein muss – dass auch im Leisen eine große Intensität liegt.

Th. Lemnitzer 2025

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